Karin Moog ist Schauspielerin am Schauspielhaus Bochum. Im Moment ist sie an mehreren Produktionen beteiligt, eine davon ist Nicht wie ihr. Im Interview mit Bloggerin Clara Werdin erzählt sie davon, warum sie gerade bei dieser Inszenierung mitmachen wollte und inwiefern sich die Arbeit an Nicht wie ihr von anderen Produktionen unterscheidet.

Als Schauspielerin standest du schon oft auf den Bühnen in Stadttheatern. Bei Nicht wie ihr spielen Konstantin Bühler, Anne Rietmeijer und du aber in Fußballvereinsheimen. Was macht das für einen Unterschied?

Im Theater ist man durch die Architektur meist vom Publikum getrennt, da gibt es den Zuschauerraum und die Bühne. So spielt man im sicheren Abstand zu den Zuschauern. Aber im Vereinsheim, da ist man bei ihnen zuhause, da sind wir sehr nah an den Zuschauern dran. So nah, dass wir sehen können, wie die Gesichter aussehen und wie die Leute reagieren. Das hat mich am Anfang nervös gemacht.

Ist das Publikum ein anderes?

Dadurch, dass wir in den Fußballvereinsheimen spielen, sitzen oft Mitglieder aus dem Verein im Publikum: Fußballer, Trainer, Vorstandsmitglieder und so. Und oft sind da Menschen, die vielleicht eher nicht ins Theater gehen würden. Das Schöne ist aber, dass wir in den Vereinsheimen nichts anderes machen als im Theater, wir machen genau unseren Beruf. Da gibt es keine Abstriche nach dem Motto „Das muss jetzt leicht verständlich oder volksnah sein“, überhaupt nicht. Wir machen genau das gleiche wie im Theater. Und die Leute können damit total was anfangen.

Die Inszenierungen von Regisseur Malte Jelden finden oft im Stadtraum und nicht im Theater statt. 2019 wurde zum Beispiel seine Produktion Lehrer*innen in Bochumer Schulen gespielt.

Genau aus diesem Grund wollte ich auch so gerne bei Nicht wie ihr mitmachen. Einerseits hat mich das Thema Fußball interessiert, weil ich selbst sportbegeistert und durch meinen Vater und meinen Sohn Fußballfan bin. Aber mich hat vor allem Malte Jeldens Arbeitsweise fasziniert.

Durch welche Merkmale zeichnet sich die Arbeit mit Jelden noch aus?

Eine Qualität von Malte ist, dass er den Schauspielern Raum gibt. Bei manchen Inszenierungen habe ich das Gefühl, dass meine Rolle eigentlich jeder spielen könnte. Aber für Nicht wie ihr braucht man Anne, Konstantin und mich, das kann niemand anderes machen. Anne hat zum Beispiel das Mixtape, das Ivo von Mirna geschenkt bekommt, selbst zu einem Mashup gesampelt. Das ist ihre ganz eigene Arbeit.
Es gibt auch eine Szene, in der wir typische Fußballer-Sätze in den Raum rufen, sowas wie „Junge, du bist Stürmer!“ oder „Zeit, Zeit!“. Diese Sätze haben wir bei einem Besuch beim Concordia Wiemelhausen gesammelt.

Wie kam das zustande?

Malte, Konstantin und ich waren eigentlich vor Ort, um uns das Vereinsheim anzusehen und zu schauen, wie und wo wir die Bühne aufbauen können. Die beiden Männer fanden aber auch das Spiel, das gerade auf dem Sportplatz stattfand, spannend. Ich fand es ein bisschen langweilig und habe stattdessen zugehört, was die Leute am Platz reingerufen haben. Die Sätze habe ich dann aufgeschrieben und jetzt sind sie Teil des Stücks.

Der Haupttext des Stücks basiert auf der gleichnamigen Romanvorlage von Tonio Schachinger. Wie war für dich die Arbeit mit dem Text?

Beim ersten Lesen brauchte ich erstmal ein paar Seiten, bis ich mich an die Sprache gewöhnt hatte, weil die so vulgär ist. Dadurch war es auch erst schwierig, mich dem Hauptcharakter Ivo Trifunofić zu nähern. Bei den Proben haben wir uns gemeinsam den Text erschlossen, haben ihn immer wieder gelesen und Fragen geklärt: Wieso sagt Ivo zum Beispiel, dass er sich nicht schämt, als erster Österreicher zu Real Madrid gegangen zu sein? Um Ivo kennenzulernen, haben wir uns auch Videos von seiner realen Vorlage Marko Arnautović angesehen.

Es gibt eine Vorlage?

Ja, bei den Fußballerkarrieren von Marko Arnautović und dem Protagonisten des Stücks Ivo Trifunofić stimmt von den Stationen bei verschiedenen Vereinen alles überein. Wer sich im Fußball auskennt, weiß das. Marco Arnautović ist außerdem wirklich so selbstherrlich und rechthaberisch, wie Ivo von Schachinger beschrieben wird. Ivos Sprache mit den vielen abfälligen Beleidigung bringt das nach außen. Und das ist das Spannende an ihm. Obwohl er so unsympathisch ist, fiebern die Menschen mit und können sich in ihn hineinversetzen. Manchmal kommen die Zuschauer nach der Vorstellung auf uns zu und reden noch mit uns über die Themen aus dem Text.

Gab es Feedback von Zuschauer*innen, das dir hängen geblieben ist?

Einmal gab es zum Beispiel einen Platzwart, der nach der Vorstellung zu mir kam und sagte, das Stück hätte ihm nochmal gezeigt, dass es auch anderes als Geld und Karriere im Leben gibt. Bei sowas merke ich immer: Das ist unser Publikum und das sind tolle Leute. Die stecken vielleicht in ihrer eigenen Welt und diese Welt beinhaltet eigentlich kein Theater und trotzdem fühlen sie diese Inszenierung und wie viel Liebe darin steckt.

Nicht wie ihr geht in die zweite Runde und wird auch in der Spielzeit 2022/2023 in Bochumer Fußballvereinsheimen gezeigt.


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