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Am 4. Dezember 1975 starb eine der großen deutschen Denker*innen des 20. Jahrhunderts – in New York und als amerikanische Staatsbürgerin. Hannah Arendt war 35 Jahre alt, als es ihr nach mehreren Jahren des Lebens und Arbeitens im Exil sowie zeitweiliger Internierung 1941 gelang, aus Europa in die USA zu fliehen. Als Journalistin und politische Theoretikerin, Aktivistin und Hochschullehrerin, Briefeschreiberin und Gesprächspartnerin hat Hannah Arendt ein enormes Werk hinterlassen, darunter Bücher wie Eichmann in Jerusalem sowie Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Die Schärfe ihres Denkens sowie ihr Mut, auch streitbare Positionen zu vertreten, bieten genügend Gründe, Arendts Texte für die Gegenwart fruchtbar zu machen.
Sowohl vor als auch nach der Staatsgründung Israels im Jahr 1949 hat sich Arendt in zahlreichen Artikeln und Stellungnahmen immer wieder zu Fragen des jüdisch-arabischen Zusammenlebens geäußert. Auch ihre Überlegungen zu Themen wie Menschenrechte, Flucht, Nationalstaatlichkeit sowie persönlicher Verantwortung erweisen sich gegenwärtig als besonders lesenswert.
Nach einer Einführung in Leben und Werk lesen die Schauspieler*innen Danai Chatzipetrou und William Cooper ausgewählte Texte Arendts. Daran schließt sich ein Podiumsgespräch mit der Journalistin und Autorin Alena Jabarine (Der letzte Himmel. Meine Suche nach Palästina, 2025) sowie dem Historiker Moshe Zimmermann (Tel Aviv, Online-Zuschaltung), mit Irmtrud Wojak, der Gründerin des Fritz Bauer Forum Bochum, sowie dem Dramaturgen Moritz Hannemann an.
Alena Jabarine, geboren 1985 in Hamburg, ist Deutsch-Palästinenserin mit deutscher und israelischer Staatsbürgerschaft. Sie wuchs in Hamburg auf, studierte Politik und absolvierte ein journalistisches Volontariat beim NDR. Danach arbeitete sie vor allem für öffentlich-rechtliche Formate. Von 2020–2023 lebte sie in Ramallah und war dort für die Konrad-Adenauer-Stiftung tätig. In dieser Zeit begann sie, auf Instagram aus dem Alltagsleben der palästinensischen Bevölkerung zu berichten und politische Zusammenhänge zu erklären. Insbesondere seit Beginn des aktuellen Krieges in Gaza ist sie regelmäßig als Expertin geladen, u.a. beim NATO Defense College in Rom, den Münchner Kammerspielen und dem Berliner Ensemble. Sie ist eine der wenigen palästinensischen Stimmen im deutschen Diskurs. 2025 erschien ihr Buch Der letzte Himmel. Meine Suche nach Palästina im Ullstein Verlag.
Prof. Dr. Moshe Zimmermann, geboren 1943 in Jerusalem als Sohn jüdischer Immigranten aus Deutschland, die 1937 vor den Verfolgungen der Nationalsozialisten von Hamburg nach Palästina flohen, studierte und promovierte an der Hebräischen Universität Jerusalem und war von 1982 bis 2012 dort Professor für Neuere Geschichte. Zudem leitete er das Jerusalemer Koebner-Institut für deutsche Geschichte. Gastprofessuren führten Moshe Zimmermann viele Male nach Deutschland, aber auch an das Institute for Advanced Study in Princeton und an die Universität Krakau. Als einer der renommiertesten Experten für die Geschichte des Nationalismus, des Antisemitismus sowie der deutsch-jüdischen und deutsch-israelischen Beziehungen wurde er für seine Forschungen mehrfach ausgezeichnet. Er ist Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschien Niemals Frieden? Israel am Scheideweg, das für den Deutschen Sachbuchpreis 2024 nominiert war.
Dr. Irmtrud Wojak ist Gründerin des Fritz Bauer Forums in Bochum. Sie studierte Geschichte und Politikwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum und promovierte 1993 über jüdische und politische Emigration vor dem Nationalsozialismus nach Chile. 2008 habilitierte sie sich mit der ersten Biografie über Fritz Bauer. Irmtrud Wojak ist Gründungsdirektorin des NS-Dokumentationszentrums München (2009) und Gründerin der Buxus Stiftung zur Förderung von Demokratie und Menschenrechtsbildung. Aus dem Wunsch heraus, einen Ort zu schaffen, an dem Fritz Bauers Vermächtnis weiterleben würde, geht 2019 die Interaktive Fritz Bauer Bibliothek online. Im August 2020 ist Grundsteinlegung für das Fritz Bauer Forum in Bochum und am 22. Mai 2025 erfolgte die Eröffnung.
Informationen zum Stück
- Mit Hannah Arendt über Israel und Palästina nachdenken
- Lesung und Podiumsgespräch gemeinsam mit dem Fritz Bauer Forum
- Mit: Danai Chatzipetrou, William Cooper, Moritz Hannemann, Alena Jabarine, Irmtrud Wojak, Moshe Zimmermann (Online-Zuschaltung)
- Ort: Kammerspiele
Vorstellungen
Beteiligte
Rollenbesetzung
- Mit: Danai Chatzipetrou, William Cooper, Moritz Hannemann, Alena Jabarine, Moshe Zimmermann (Online-Zuschaltung), Irmtrud Wojak